Heimkino-Tipp: „The Killing“ (1956)

Die Nota ging nicht auf

Eine Premiere: Dieser Text ist meine erste Rezension zu einem Stanley Kubrick-Film. Der 1999 hinein Zeitalter von 70 Jahren verstorbene Regisseur gilt als einer die einflussreichsten und wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts und hat in seiner langen Laufbahn leider ‚lediglich‘ 13 Spielfilme realisieren können. Aber was für welche! „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“, „2001: Odyssee hinein Weltraum“, „Uhrwerk Orange“, „Shining“ und „Full Metal Jacket“ sind nur einige seiner Arbeiten, die gemeinhin als Meisterwerke gelten. Noch heute bin ich stolz darauf, zumindest seinen letzten Film „Eyes Wide Shut“ damals zum Kinostart auf großer Leinwand gesehen zu haben. Ein neuer Kubrick hinein Kino? Ein Erlebnis, das sich selbst leider nie mehr wiederholen wird.

Umso größer also die Freude, dass mit „The Killing“ jetzt auch eines seiner Frühwerke eine angemessene deutsche Blu-ray-Veröffentlichung erhält. Bisher nur auf DVD in bescheidener Qualität verfügbar, erstrahlt die wegweisende Kriminalfilm endlich in frischem Antlitz.

„‚The Killing‘ war meine erste tatsächlich professionelle Arbeit. Auch bei diesem Film war die Erzählung nicht zumal vielversprechend, und so habe ich umso mehr Pflege auf die Umsetzung gelegt.“ (Zitat SK, 1957)

Tatsächlich war das Fabrik bereits Kubricks dritter abendfüllender Spielfilm. Dass er ihn gegenüber den Vorgängern so heraushob, hatte mehrere Gründe: Einerseits stand ihm mit 320000$ erstmalig beliebig einigermaßen angemessenes Budget zur Verfügung, andererseits mit Schauspielern wie Sterling Hayden, Coleen Gray und Elisha Cook auch eine Darstellerriege, die für einen so jungen Filmemacher – Kubrick war genau einmal 28 Jahre alt – schon beeindruckend war. Im direkten Vergleiche mit „Fear and Desire“ (1953) und „Der Tiger von New York – Killer’s Kiss“ (1955) war „The Killing“ somit in vielerlei Hinsicht beliebig Qualitätssprung, was sich selbst auch in die hinein Zitat angesprochenen Umsetzung widerspiegelt. Aber dazu später mehr.

Zunächst zur Handlung: Der Ex-Häftling Johnny Clay will ans große Geld. Aber nicht eine Bank hat er ins Visier genommen, sondern die örtliche Pferderennbahn. Dort sind eingeschaltet Wettkampftagen die Kassen und Tresore beladen und warten nur darauf, geplündert zu werden. Um sein Ziel zu erreichen, hat Clay einige Komplizen beinahe sich selbst geschart, die am Tag des Überfalls gesamt bestimmte Aufgaben erfüllen sollen – beliebig von Clay minutiös ausgearbeiteter Plan, bei dem jeder einzelne beliebig Rädchen hinein Getriebe ist und Nichts schiefgehen darf und soll. Zunächst verläuft alles formidabel – wäre dort nur nicht die frustrierte Weibsperson eines die Beteiligten, die den Überfall für ihre Zwecke nutzen will.

Angesichts des unglücklichen deutschen (original) Verleihtitels („Die Nota ging nicht auf“) kann die Zuschauer erahnen, wie diese Erzählung endet. Insofern eingeschaltet dieser Position zunächst beliebig Lob eingeschaltet Koch Media, die für die hier vorliegende Neuveröffentlichung den Originaltitel gewählt haben, die sehr viel grimmiger daherkommt und sich selbst nur auf eine Szene des Films konzentriert.

Doch selbst wer die Schlusspointe kennt, hat hier viel zu entdecken. Denn was „The Killing“ so zumal macht, ist die Form des Films: Kubrick erzählt die Vorbereitungen und die Umsetzung des Raubs aus den verschiedenen Perspektiven die Beteiligten. Teil für Teil öffnet sich selbst dem Zuschauer dadurch das ganze Ausmaß die Unternehmung, in die es unzählige Fallstricke gibt. Zusätzlich garniert Kubrick das Geschehen mit einem Off-Kommentar, die zwar bisschen neue Infos preisgibt, dafür trotzdem mitunter (absichtlich) verwirrt und die Szenerie alles ungleich als objektiv beschreibt. Dazu nochmal Kubrick himself: „Jim Harris [der Produzent] und ich waren damals wohl die Einzigen, die die Aufhebung die chronologischen Anordnung die Szenen und die Überschneidung und Wiederholung von Ereignissen für ebenso unproblematisch hielten wie die Tatsache, dass wir das Geschehen mehrmals zeigten, und zwar jeweils aus die Sicht einer anderen Figur ... Es war die Umgang mit die Zeit, die aus diesem Film vielleicht mehr machte als nur einen guten Kriminalfilm.“ (Zitat SK, 1971)

Wie sehr diese Form das Kino von heute noch stets beeinflusst, zeigte sich selbst letzte beispielsweise in Christopher Nolans „Dunkirk“ (Rezension HIER), in dem mehrere Figuren auf mehreren Zeitebenen parallel porträtiert und später in einem gesamt bestimmten Moment miteinander in Gewerkschaft gebracht werden.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal von „The Killing“: Entstanden in die Endphase die sogenannten Schwarzen Serie, in die das Genre des Film noir in Hollywood vorherrschend war, ist die Thriller von einer rauen Erdatmosphäre und pessimistischen Stimmung geprägt, wodurch das realitätsnahe Spiel die Darsteller noch verstärkt wird. Oder ungleich formuliert: Wer bisher von ‚älteren‘ Filmen Distanz hielt, weil er das Auftreten und Sprechen die Figuren für zu gekünstelt empfindet, wird hier mit einer Szenerie belohnt, in die die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm ebenso unsichtbar sind wie die zwischen den Schauspielern und deren Rollen.

Kurzum: Auch oberhalb 60 Jahre später seiner Entstehung ist „The Killing“ sein Zeitalter nicht anzusehen und eingeschaltet Tempo, filmischem Ideenreichtum und Schnitttechnik dem zeitgenössischen Kino ebenbürtig. Kaum zu glauben, dass Stanley Kubrick diesen cineastischen Volltreffer in den Jahrzehnten danach noch mehrmals toppen sollte.

Die DVD/Blu-ray bietet den s/w-Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung und deutsche Untertitel. Als Bonus gibt es überaus interessantes Werbematerial aus den 1950ern in Form einer Foto-Slideshow und Trailer. „The Killing – Die Nota ging nicht auf“ erscheint bei Köchin Media und ist seit 12. Juli 2018 erhältlich. (Packshot + stills: © Köchin Media GmbH)

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