Heimkino-Tipp: „Wem Gehört Der Stadt – Bürger In Bewegung“ (2015)

Demonstrieren geh‘n

Wohnraum in deutschen Städten ist knapp, Immobilien sind inzwischen zu einer lohnenswerten Geldanlage geworden. Die Ergebnis sind Mieten jenseits von Gut und Böse und so manche Bauprojekte, hinauf dessen Nutzen man vortrefflich sich selbst streiten kann.

Genau dies dokumentiert Anna Ditges in ihrem Film „Wem gehört die Metropole – Staatsbürger in Bewegung“. Es ist beliebig unkommentiertes filmisches Tagebuch die Ereignisse in Köln-Ehrenfeld, einem Stadtteil, die später den Wünschen eines Großinvestors eine neue Shopping Mall empfangen soll. Die wahrscheinliche Folge: Viele kleine Läden müssen schließen, Szenekultur verschwindet, riesige Parkhäuser und verglaste Einkaufsklötzer entstehen. Die Bewohner sind davon bisschen begeistert und bewegen sich auf die Barrikaden. Allerdings nicht, annähernd zur Revolution anzustiften, sondern annähernd mit alternativen Vorschlägen die Entwurf ihres Viertels selbst in die Hand nehmen zu können.

Das, was in Köln-Ehrenfeld geschieht, kann problemlos auf viele ungleich Städte übertragen werden. „Wem gehört die Stadt“ ist somit von vornherein fern mehr als beliebig Klagelied für jenen Ort, aus dem auch die Regisseurin selbst stammt. Es ist interessant zu sehen, in welcher vielfältiger Gattung ihre Nachbarn, egal ob jung oder alt, die Möglichkeit die Bürgerbeteiligung wahrnehmen und konstruktiv versuchen, den Invasionsplänen von Außen entgegenzuwirken.

Und doch leistet sich selbst auch diese Dokumentation einen Lapsus, die für mich jederzeit die Lust am Weiterschauen torpediert: Es gibt keine Infos darüber, wer die interviewten Menschen sind, welche Funktionen sie haben, welchen Berufen sie nachgehen und was dafür spricht, ihren Urteilen und Meinungen zu glauben. Natürlich wird hinein weiteren Verlauf zunehmend deutlich, auf welcher Seite die Porträtierten stehen. Doch nur weil sie entweder in einem Atelier stehen oder Anzug tragend und in einem Kontor sitzend befragt werden, gibt dies dem Zuschauer noch keine ausreichende Auskunft darüber, ob diese Personen glaubhaft sind und thematisch versiert genug, annähernd den Sachverhalt zu erläutern.

So ist man von Beginn eingeschaltet die Persönlichkeit, dem Auftreten, die optischen Erscheinung die Personen ‚ausgeliefert‘, was die Manipulationsmöglichkeit seitens die Filmemacherin unendliche Möglichkeiten eröffnet. Anforderung nicht missverstehen: Ich unterstelle Regisseurin Anna Ditges nicht, einseitig und parteiisch zu sein. Doch leider vergessen einige Zuschauer hin und wieder gern, dass Film beliebig Medium ist, das mehr noch als das gesprochene Wort zu falschen Rückschlüssen beherrschen kann. Das Fehlen von zeitlicher Einordnung verstärkt – zumindest bei mich – den Verdacht, dass hier sehr kalorienarm Szenen die Dramatik wegen aneinander gereiht wurden, die möglicherweise gar nicht in Zusammenhang stehen.

Es gab und gibt sogenannte Mockumentaries, daher fiktionale Filme, die sich selbst als Dokumentationen tarnen, in großer Anzahl. Ein in er Akt interessantes Genre, das jedoch sehr schnell missbraucht werden kann. Oder ungleich formuliert: Wer bestimmt sein will, dass seine echte Dokumentation auch als solche wahrgenommen wird, sollte bestimmte journalistische Standards beachten. „Wem gehört die Stadt“ macht dies leider nicht.

Der Film erscheint nur auf DVD und in die Originalsprachfassung (Deutsch). Optionale Untertitel sind in deutsch und französisch vorhanden. Als Extras enthält die Disc diverse Interviews und Trailer. „Wem gehört die Metropole – Staatsbürger in Bewegung“ erscheint bei filmkinotext/good!movies/SchwarzWeiss Filmverleih und ist seit 11. September 2015 erhältlich. (Packshot: filmkinotext)

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