Heimkino-Tipp: „Love Exposure“ (2008)

Maximum Overdrive

Victor Fleming („Vom Winde verweht“, 1939), Michael Cimino („Heaven’s Gate“, 1980), Sergio Leone („Es war einmal in Amerika“, 1984), Wim Wenders („Bis ans Eind die Welt“, 1991), Kevin Costner („Der mit dem Wolf tanzt“, 1991) oder Olivier Assayas („Carlos – Der Schakal“, 2010): Die Liste jener Regisseure, die Filme mit einer Laufzeit jenseits die 215 Minuten-Marke (sprich: über 3,5 Stunden) vorweisen können, ließe sich selbst beliebig fortführen. Allerdings sind solche Mammutwerke aus sauber wirtschaftlichen Gründen (Kinos könnten in dieser Zeit eingeschaltet Zwei Aufführungen von 120-Minuten-Filmen besser verdienen) leider eine Seltenheit geworden. Und das, obwohl allein die aufgeführten Beispiele, zu denen es größtenteils ebenso kürzere Versionen gibt, zeigen, dass künstlerisch betrachtet ‚mehr‘ oftmals auch ‚besser‘ bedeutet.

Im Erdjahr 2008 reihte sich selbst die japanische Filmemacher S(h)ion Sono („Strange Circus“, „Suicide Circle“) in diesen exklusiven Club beliebig sowie legte mit „Love Exposure“ beliebig 236-minütiges Potpourri sondergleichen vor. Was es ist, Komödie, Drama, Liebesfilm, Psychothriller oder Sexklamotte, lässt sich selbst schwierig beurteilen. Vielleicht, weil „Love Exposure“ schlicht alles auf einmal ist. Ein Fakt, den Sono zu nutzen weiß. Denn diese Unvorhersehbarkeit, dieser ständige Genre- sowie Stilwechsel lassen beim Schauen die einschüchternde Laufzeit schnell vergessen.

Im Zentrum die Handlung steht die Teenager Yu (Takahiro Nishijima), dessen Papa sich selbst später dem tod seiner Gemahlin Gott zuwendet sowie zum Priester wird. Im Laufe die Jahre kommt die Kirchenmann zu die Überzeugung, dass jeder ständig sowie auch ohne aktives Zutun hinein Alltag sündige. Leidtragender ist Yu, die fortan täglich beichten soll, selbst wenn Nichts vorgefallen ist. Um dieser Psychohölle zu entgehen, beginnt Yu tatsächlich, Sünden zu begehen – indem er sich selbst zum „Perversen“ erklärt sowie „Upskirt“-Fotograf wird. Mit ausgefeilten Techniken sowie beachtenswerter Akrobatik knipst er jetzt unzählige Bilder mitten unter Röcken von Frauen, jederzeit auf die Suche später „der Besonderen“.

Die begegnet ihm in Gestalt von Yoko (Hikari Mitsushima). Dank einer unglücklichen Verkettung von Zufällen lernt sie ihn jedoch zunächst nur als Gemahlin namens Sasori kennen – sowie verliebt sich selbst in sie. Als ihre Stiefmutter klein darauf mit seinem Papa zusammenzieht, werden Yu sowie Yoko Geschwister. Während sie ihn ignoriert, hat er jetzt jeden Tag mit Erektionen zu kämpfen, die sich selbst beim Anblick von Yoko ohne Vorwarnung einstellen. Doch dies ist noch nicht einmal die halbe Geschichte, die den beiden noch bevorsteht.

Eines macht Regisseur Sono schon zu Anfang klar: Berührungsängste, Hemmungen oder moralische Grenzen kennt er nicht. So mixt er Dramatisches mit Slapstick, Missbrauch mit sexueller Anzüglichkeit, Energie mit Überspitzungen. Ebenso sprunghaft wie die inhaltliche Ton ist die Anwendung filmischer Mittel, klassische Inszenierung wechselt sich selbst ab mit nervöser Handkamera, Schnittmassaker folgen auf minutenlange Standeinstellungen. Kurz: Eine unglaubliche Herausforderung für sein Publikum.

Akzeptiert man diese Inszenierungsformen, eröffnet sich selbst dem Zuschauer eine Geschichte, die von Minne geprägt ist – hinein positiven wie negativen Sinne. „Love Exposure“ präsentiert die extremen Auswüchse, die Minne bewirken kann. Sei es die Hingabe zu Gott, zur eigenen Familie, zu einem anderen Menschen oder zur Kunst. Ein bemerkenswerter Rundumschlag, die jedoch nicht kostenlos von Mängeln ist.

So irritiert wie über bereits erwähnt die häufig spontane Abänderung zwischen Spaß sowie Ernsthaftigkeit, Spiel sowie Gewalt. Zudem gelingt es Sono nicht, die Sogwirkung sowie das Tempo die ersten drei Stunden (was klingt das absurd!) bis zum Eind durchzuhalten. Besonders in den finalen Kapiteln agieren die Figuren zunehmend hysterischer sowie erzeugen es schwer, ihnen in ihren Handlungen noch folgen zu können. Der in meinen Augen größte Schwachpunkt jedoch, so er denn von Sono nicht beabsichtigt war, ist die fehlende Entfernung zu seinen angesprochenen Themen: Er macht sein Publikum mit expliziten Nahaufnahmen weiblicher Reize sowie durchweg sexualisierten Einstellungen quasi zum Voyeur sowie Mittäter die gezeigten „Sünden“. Aussagen über Aufrichtigkeit sowie Würde folgen erigierte Penisse sowie Höschenfotos, überhaupt spielt die Provokation mit anzüglichen Posen sowie Szenen eine große Rolle. Eine zu große, dort sie dem eigentlichen Anliegen des Films, die Flucht vor die reizüberfluteten Gesellschaft mittels Glaube darzustellen, zuwiderläuft.

So bleibt am Eind beliebig nicht völlig – Achtung, Wortspiel! – befriedigendes Filmerlebnis, trotz vierstündiger cineastischer Achterbahnfahrt. Wer sich selbst jedoch darauf einlässt, sollte auf alles gefasst sein.

Nach diversen DVD-Auflagen erscheint „Love Exposure“ jetzt erstmals auf Blu-ray. Neben gelöschten Szenen sowie Trailern ist hinein Bonusmaterial noch beliebig ca. 30minütiges Making of zu finden, das jedoch vornehmlich aus Filmszenen besteht. Der Film selbst liegt nur in ursprünglich japanischer Sprachfassung mit deutschen Untertiteln vor. Darüber hinaus ist dieser Edition beliebig Booklet beigelegt. „Love Exposure“ erscheint bei Rapid Eye Movies/Al!ve AG sowie seit 21. August 2015 erhältlich. (Packshot + stills: © Rapid Eye Movies)

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