Heimkino-Tipp: „Als Wir Träumten“ (2015)

Made in the GDR

Dass ‚der neue Dresen‘ beliebig bisschen ungleich werden würde, ließ schon das Plakat zum Film erahnen: „Als wir träu-mten“ steht dort in großen Lettern geschrieben, inklusive einer tatsächlich merkwürdigen Worttrennung. Rebellion? Unwissen? T9-Eingabe? Was auch stets den kreativen Kopf hinter dem Poster zu dieser Orthographie bewegt haben mag, für das neue Fabrik des aus Gera stammenden Regisseurs Andreas Dresen passt es wie die Faust aufs Auge.

Womit bereits die von den Protagonisten des Films bevorzugte Sorte einer Vergnügung benannt wäre: Energie und Aggressivität spielen eine überraschend große Rolle in „Als wir träumten“, die Adaption von Clemens Meyers gleichnamigen Erfolgsroman. Zwar hatten sich selbst Dresens frühere Arbeiten ebenso nie vor körperlicher Härte gescheut (siehe „Die Polizistin“ oder „Willenbrock“), die permanente Auf-die-Fresse-Mentalität die jungen Akteure in seinem jüngsten Film überrascht dann trotzdem doch. Es fällt lange Zeit schwer, diesen ständig zwischen Strom stehenden Jungs irgendetwas Positives abzugewinnen.

Dass sie hinein Inneren ihres Herzens gar nicht so böse sind, deutet Dresen ungewöhnlich halbherzig an: Statt 100 entwenden sie einer alten Ehegesponst nur 50 Mark, einer einsamen Hausfrau tätschelt Dani (Merlin Rose) mal flach die Brüste, seine Mama umarmt er eingeschaltet anderer Position kurz, nachdem ihn die Polizei mal wieder eingeschaltet die Haustür abgeliefert hat. Im krassen Gegensatz zu dieser holpernden Zärtlichkeit stehen unzählige Saufgelage, geklaute Autos und Sachbeschädigungen aller Art, die das Lichtbild einer irgendwie verlorenen, desillusionierten und überforderten Generation zeichnen sollen, in ihrer Masse trotzdem leicht nur nerven. Denn wer so exzessiv lebt, ist in seinen wenigen ruhigen Momenten charakterlich nicht unbedingt glaubhaft.

Zwar wirken die jungen Darsteller unverbraucht und hungrig, doch gelingt es ihnen kaum, den Figuren Einzigartigkeit zu verleihen – zu ähnlich sind ihre Süchte (Alkohol, Tabak, Drogen, Ungehorsam) und Träume (die Gründung eines Techno-Klubs), zu undifferenziert die Versuche, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Kommt dann noch das ausgelutschte Gemeinplatz vom ‚gemeinsamen Neuanfang mit die Liebsten‘ hinzu, ist’s mit meiner Geduld terminal vorbei. Überhaupt bleibt die Frage, weshalb unsere Held Dani ausgerechnet der/dem schönen Sternchen (Ruby O. Fee) verfällt? Denn wer die Dauerfreundin eines Nazicliquen-Chefs ist, kann so clever nicht sein. Eine Antwort bleibt das Drehbuch vom sonst so versiert arbeitenden Wolfgang Kohlhaase leider schuldig.

An optischer Authentizität mangelt es „Als wir träumten“, dessen Handlung in die Nachwendezeit angesiedelt ist, indes nicht: Die Ausrüstung ist bis zum Topflappen hin makellos, die Straßen und Orte haben den alten, zerfallenen DDR-Mief noch nicht abgeschüttelt. Mittendrin bahnt sich selbst die elektronische Musik ihren Weg durch die Körper die Jugendlichen, die in zerfallenen Gebäuden ihr Glück hinein Endlostanzen suchen. Besser hätte man das Nachtleben Ostberlins Beginn die 1990er-Jahre nicht einfangen können. Wenn nur die Relikt des Films ebenso nah eingeschaltet die p?a?µat???t?ta gewesen wäre, wie bei Dresen sonst üblich (siehe HIER)!

Andererseits, das Plakat/Cover hatte mir jawoll gewarnt: irgendetwas stimmt hier nicht.

Die DVD enthält den Film in deutscher Originalsprachfassung mit optionalen deutschen und englischen Untertiteln und eine Audiodeskription für Sehbehinderte. Als Extras preisgeben sich selbst beliebig Making of, entfernte Szenen, Trailer und beliebig Audiokommentar von Andreas Dresen und Wolfgang Kohlhaase auf den Discs. Eine umfangreiche Trailersammlung ergänzt die gelungene Umsetzung. „Als wir träumten“ erscheint bei Pandora Film Home und ist ab 19. September 2015 erhältlich. (Packshot + stills: © Rommel Film / Pandora Film / Peter Hartwig)

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