Heimkino-Tipp: „Tully“ (2018)

Was hat sie bloß so ruiniert?
Reitman/Cody, die Dritte: Nach den wunderbaren Tragikomödien „Juno“ (2007) und „Young Adult“ (2011) tun Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody mit „Tully“ jetzt das Triple komplett. Denn ihr neues gemeinsames Fabrik ist ebenso wie die beiden vorherigen Streifen beliebig Volltreffer – inhaltlich, schauspielerisch, filmisch. Im Mittelpunkt: Eine dreifache Mama namens Marlo, bemerkenswert nuanciert dargestellt von Guckschatz Charlize Theron.

Die machte für ihre Rolle das volle Robert De Niro-‚Wie-ein-wilder-Stier‘-Programm und mampfte sich selbst hinein Vorfeld die Dreharbeiten beliebig paar Extrapfunde an, ungefähr auch physisch in ihrer Rolle zu überzeugen (als ob das bei ihrem herausragenden Talent notwendig wäre!). Denn ihre Marlo erwartet zum dritten Mal Nachwuchs und steht klein vor einem Nervenzusammenbruch. Es ist leicht zuviel: Ehegemahl Drew (Ron Livingston) beruflich oftmals unterwegs, Bruder Craig (Mark Duplass) und seine Gemahlin das scheinbar perfekte Elternpaar ohne Makel, und Sohnemann Jonah (Asher Miles Fallica) nicht völlig leicht zu handhaben. Craig will dem Wahnsinn Einhalt gebieten und empfiehlt Marlo, es doch mal mit einer Nacht-Nanny zu probieren. So könnte sie endlich mal wieder durchschlafen, während ihr Neugeborenes Job hat. Marlo lässt sich selbst darauf beliebig – und lernt mit Tully (Mackenzie Davis) eine junge Gemahlin kennen, die ihr (Familien-)Leben ändern wird.

Mit einer wohldosierten Mischung aus Humor, Sarkasmus, Tragik und bitteren Wahrheiten widmet sich selbst „Tully“ einer Thematik, die bisher nur selten hinein Fokus eines Hollywood-Films stand: die postnatalen Depression. Konkret ausgesprochen wird es zwar nie, die Verhaltensweisen, die Marlo hier eingeschaltet den tag legt, bewegen sich jedoch über eine gelegentliche Müdigkeit hinaus. Ein deprimierender Film ist „Tully“ dadurch nichtsdestoweniger noch lange nicht. Vielmehr umkreisen Reitman/Cody das Subjekt leichtfüßig, huldigen dabei die alltäglichen Heldentaten von Müttern und verdeutlichen ohne viel Dramatik die Schwierigkeit, sich selbst trotz aller Hürden nicht vom geliebten Partner zu entfremden. Eine konstante Gratwanderung, die vor allem Hauptdarstellerin Theron bravourös meistert.

Und obwohl „Juno“, „Young Adult“ und „Tully“ inhaltlich Nichts miteinander zu tun haben, könnten sie so etwas wie das Gegenstück von Richard Linklaters „Boyhood“-Projekt sein: Das Leben einer Frau, beginnend hinein Teenager-Alter, über die rebellische Mitte-20-Phase, bis hin zum Existenz als verheiratete Mehrfachmutter. Mal sehen, ob es in zehn Jahren eine inoffizielle Fortsetzung gibt. Dann vielleicht mit einer Frührentnerin/Großmutter hinein Fokus die Erzählung? Wenn Film nummer vier eingeschaltet die Qualität von „Tully“ anknüpft, würde sicherlich nicht nur ich mir darüber freuen.

P.S.: Eine ähnlich gute Kombination aus Witz und Tragik bietet die österreichische Film „Was hat uns bloß so ruiniert“ (2016) von Marie Kreutzer. Hier sind es gleich mehrere Paare, die mit dem Elternwerden hadern und mit aller Gewalt versuchen, alles andere und cooler zu tun als ‚der Rest‘. Ein mitunter bitterböser Spaß, zumal für (noch?) kinderlose Zuschauer!

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung und deutsche Untertitel. Als Bonusmaterial gibt es beliebig sympathisches Making of und Trailer. „Tully“ erscheint bei DCM Film Distribution GmbH/Universum Film und ist seit 12. Oktober 2018 erhältlich. (Packshot + stills: © DCM)

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