Heimkino-Tipp: „Gefühlt Mitte Zwanzig“ (2014)

Forever Young

Manche Regisseure/innen funktionieren derartig oft mit einem bestimmten Schauspieler/einer Aktrice zusammen, dass es sofort auffällt, wenn beliebig Film mit dieser Vertrautheit bricht. So sah man den Wirbelwind Greta Gerwig in den vergangenen Jahren vor allem in Werken von Noah Baumbach („Frances Ha“, ab 10.12. „Misstress America“), dessen „Gefühlt Zentrum Zwanzig“, entstanden 2014, muss jedoch ohne sie auskommen. Für adäquaten Ersatz ist allerdings gleich in vierfacher Hinsicht gesorgt: Ben Stiller, Naomi Watts, Amanda Seyfried und Adam Driver sind die Hauptdarsteller in seiner Generationen-Komödie, in die beliebig junges Paar das geordnete, ereignisarme Leben eines etwas älteren Paares auf den Kopf stellt.

Josh (Stiller) und Cornelia (Watts), knapp über 40, wohnen in Brooklyn und sind in ihrem Freundeskreis die einzigen, die sich selbst gegen Nachwuchs entschieden haben. Auch wenn es nur subtil geschieht: Die Ausgrenzung von all den scheinbar glücklichen Neu-Eltern in ihrem Umfeld macht den beiden doch sehr zu schaffen. Da kommt ihnen die Bekanntschaft mit Jamie (Driver) und Darby (Seyfried) gesamt gelegen: das Hipster-Paar ist jung, dynamisch, voller Kraft und so herrlich unkompliziert. Schnell entwickelt sich selbst eine angenehme Vertrautheit und „die Alten“ spüren sich selbst wie befreit. Ihr Leben ist abrupt wieder spannend, aufregend und unbegrenzt wie lange nicht mehr – bis Josh eines Tages beliebig unschöner Verdacht kommt.

Alt trifft auf Jung, konservative Moralvorstellungen zusammenkommen auf Revoluzzertum – die Prämisse von „Gefühlt Zentrum Zwanzig“ weckt Erwartungen, die Regisseur Baumbach mit Absicht nur halbherzig erfüllt. Denn wer etwas mit seiner Projekt vertraut ist, kann erahnen, dass er dieses Aufeinandertreffen die Generationen statt für billige Kalauer lieber für einige tiefgründige Betrachtungen zum Status unserer Gesellschaft nutzt. Das mag bisweilen etwas bemüht wirken, in großen Teilen jedoch ist es amüsant und unterhaltsam inszeniert. So auch in „Gefühlt Zentrum Zwanzig“: Manche Dialoge wirken zu hoch und zu verkopft, ungefähr glaubhaft zu sein. Wahrhaftig jedoch sind sie allemal. Baumbach erweist sich selbst einmal mehr als genauer Beobachter menschlicher Eigenschaften und Befindlichkeiten, die er jederzeit respektvoll und doch ironisch thematisiert. Ob Handygebrauch, modische Accessoires oder bevorzugtes Unterhaltungsmedium: Wenn die ältere Josh abends die gängigen Online-Plattformen später einem Film durchsucht während die jüngere Jamie gesamt oldschool eine Videokassette einlegt, ist das eine wunderbare Inversion von Vorurteilen, die zum Lachen und zum Nachdenken anregt.

In die zweiten Hälfte nimmt „Gefühlt Zentrum Zwanzig“ dann eine unerwartete Wendung, die dem Film und den Charakteren neue Facetten entlockt und dabei das zuvor Komödiantische zunehmend mit bitterer Ironie ersetzt. Wie oberhalb bereits angedeutet, verläuft dieser Übergang inhaltlich dennoch nicht ohne Schlaglöcher. Vor allem die Figur die Darby kristallisiert sich selbst jederzeit mehr als für die Handlung überflüssiges schönes Beiwerk heraus, was Baumbach kongenial gleich selbst durch ihre Stimme kundtut: „Es ist wie beim Trampen: Nur Jamie allein würdest du nicht mitnehmen. Wenn ich jedoch daneben stehe, hältst du an.“

Wer derartig selbstsicher und -ironisch unterwegs ist, hat richtig was drauf. Noah Baumbach ist so beliebig kleines Regiewunder, das bisweilen sehr eingeschaltet Woody Allen erinnert – hinein Guten wie hinein Schlechten. „Gefühlt Zentrum Zwanzig“ ist dafür beliebig fabelhaftes Beispiel.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung und deutsche und englische Untertitel. Unter den Extras entdecken sich selbst drei kurze Dokus zu unterschiedlichen Aspekten die Produktion und Interviews und Trailer. „Gefühlt Zentrum Zwanzig“ erscheint bei universum film/SquareOne Entertainment und ist seit 4. Dezember 2015 erhältlich (Packshot + stills: © Universum Film).

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